Mit einer Fläche von etwa 473.000 Quadratkilometern bietet dieser Inselkoloß eine erstaunliche geografische und kulturelle Vielfalt. Der Äquator teilt Sumatra in zwei nahezu gleiche Hälften und prägt das tropisch-feuchte Klima, das die üppige Vegetation nährt.
Die Barisan-Bergkette, auch als "Rückgrat Sumatras" bekannt, zieht sich wie eine Wirbelsäule durch die gesamte Länge der Insel und erreicht im Kerinci-Vulkan mit 3.805 Metern ihren höchsten Punkt. Diese geologisch aktive Zone beherbergt etwa 35 Vulkane, von denen mehrere noch immer aktiv sind. Die Bergkette schafft eine natürliche Klimagrenze: Im Westen fallen heftige Regenfälle, während der Osten deutlich trockener ist.
Zwischen dichten Regenwäldern, Vulkanen und Bergen liegen spektakuläre Kraterseen wie der Toba-See – der größte Vulkansee der Welt, entstanden durch die gewaltigste bekannte Eruption der letzten 25 Millionen Jahre.
Unberührte Wildnis im Regenwald
Die tropischen Regenwälder Sumatras gehören zu den artenreichsten Ökosystemen der Erde. Trotz massiver Abholzung in den letzten Jahrzehnten finden sich hier noch ausgedehnte Primärwaldgebiete, besonders in den Nationalparks.
Der Gunung Leuser Nationalpark im Norden ist Teil des UNESCO-Weltnaturerbes "Tropisches Regenwaldgebiet von Sumatra" und einer der letzten Orte der Welt, wo Orang-Utans, Sumatra-Tiger, Sumatra-Nashörner, Elefanten und Nebelparder noch gemeinsam in freier Wildbahn leben. Diese "Big Five" Sumatras sind allerdings selten und stark bedroht.
Für deinen Besuch im Regenwald ist Bukit Lawang der ideale Ausgangspunkt. Das ehemalige Rehabilitationszentrum für Orang-Utans ermöglicht heute geführte Trekkingtouren verschiedener Länge und Schwierigkeitsgrade durch den Dschungel. Mit etwas Glück begegnest du den "Waldmenschen" – wie Orang-Utans übersetzt heißen – in ihrem natürlichen Lebensraum.
Weiter südlich bietet der Kerinci Seblat Nationalpark mit über 13.700 Quadratkilometern das größte zusammenhängende Schutzgebiet Sumatras. Hier kannst du den aktiven Vulkan Gunung Kerinci besteigen oder mehrtägige Trekkingtouren durch nahezu unberührten Regenwald unternehmen.
Die Kultur der Highlands
Die Bergregionen Sumatras sind die Heimat faszinierender indigener Kulturen, die ihre Traditionen trotz jahrhundertelanger äußerer Einflüsse bewahrt haben. Am bekanntesten sind die Batak-Völker rund um den Toba-See und die Minangkabau in West-Sumatra.
Die Batak umfassen sechs ethnische Untergruppen mit eigenen Dialekten und Bräuchen. Die traditionellen Häuser (Rumah Adat) mit ihren charakteristischen sattelförmigen Dächern sind architektonische Meisterwerke. Besonders sehenswert ist die Insel Samosir im Toba-See – das kulturelle Zentrum der Toba-Batak. Im Dorf Ambarita kannst du steinerne Gerichtsstühle besichtigen, wo früher Stammesräte tagten und Urteile fällten. Das Museum in Simanindo bietet regelmäßige Aufführungen traditioneller Tänze.
Die Minangkabau in der Provinz West-Sumatra leben in einer matrilinearen Gesellschaft, in der Besitz und Name über die mütterliche Linie weitergegeben werden. Ihre Rumah Gadang (Großes Haus) mit den geschwungenen, spitzen Dächern, die an Büffelhörner erinnern, sind Wahrzeichen der Region. Das Zentrum der Minangkabau-Kultur liegt in Bukittinggi und den umliegenden Dörfern wie Pandai Sikek, bekannt für seine Webkunst.
Kulinarische Abenteuer
Die sumatranische Küche zählt zu den würzigsten und aromatischsten in ganz Indonesien. Die Einflüsse reichen von indisch und arabisch bis chinesisch und malaysisch, wobei jede Region ihre eigenen Spezialitäten entwickelt hat.
Die Minangkabau-Küche dominiert mit ihren Padang-Restaurants das kulinarische Bild der Insel. In diesen Lokalen werden zahlreiche vorbereitete Gerichte auf kleinen Tellern serviert, und du zahlst nur für das, was du isst. Unbedingt probieren solltest du:
- Rendang: Ein langsam gekochtes, trockenes Rindfleischcurry mit Kokosmilch und zahlreichen Gewürzen
- Sate Padang: Fleischspieße mit einer würzigen, dickflüssigen Sauce aus Reismehl, Erdnüssen und Gewürzen
- Gulai Ikan: Fischcurry mit Kurkuma und Kokosmilch
- Palai Ikan: In Bananenblättern gedämpfter Fisch mit Chili und Kokosmilch
- Gulai Daun Singkong: Maniokblätter in würziger Kokosmilchsauce
Bei den Batak ist der Toba-See nicht nur kulturelles, sondern auch kulinarisches Zentrum. Hier wird der Goldkarpfen (Ikan Mas) auf verschiedene Arten zubereitet – ob gegrillt, gebraten oder als saure Fischsuppe (Arsik). Eine lokale Spezialität ist auch Saksang, ein Gericht aus Schweine- oder Büffelfleisch, das in Blut und Gewürzen gekocht wird.
Die Küstenmetropole Medan
Medan, die Hauptstadt der Provinz Nord-Sumatra mit über 2,2 Millionen Einwohnern, ist der übliche Startpunkt für Reisen auf der Insel. Die Stadt ist ein faszinierendes Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Religionen, was sich in der Architektur und Küche widerspiegelt.
Der Tjong A Fie Herrenhaus gibt Einblick in das Leben eines chinesischen Händlers im kolonialen Sumatra. Der prachtvolle Istana Maimun (Maimun-Palast) des Sultanats Deli vereint malaiische, indische und europäische Stilelemente. Die Große Moschee (Masjid Raya) mit ihrer schwarz-weißen Fassade und den Zwiebelkuppeln zeugt vom islamischen Erbe, während der Sri-Mariamman-Tempel hinduistische Traditionen repräsentiert.
Beim Schlendern über den Kesawan-Platz erlebst du niederländische Kolonialarchitektur, und auf dem Nachtmarkt an der Jalan Selat Panjang kannst du die multikulturelle Küche Medans kennenlernen – von chinesischen Nudeln über indische Currys bis zu lokalen Spezialitäten.
Toba-See: Im Krater des Supervulkans
Der Toba-See, etwa 4-5 Stunden Fahrt von Medan, ist ein Naturwunder von globaler Bedeutung. Vor etwa 74.000 Jahren ereignete sich hier der größte bekannte Vulkanausbruch der letzten 25 Millionen Jahre, der möglicherweise einen vulkanischen Winter auslöste und die menschliche Population weltweit dezimierte. Heute füllt ein 100 Kilometer langer, 30 Kilometer breiter und bis zu 505 Meter tiefer See die Caldera.
In der Mitte des Sees liegt Samosir, mit 647 Quadratkilometern die größte Insel innerhalb einer Insel weltweit. Das Hauptdorf Tuk-Tuk hat sich zu einem entspannten Touristenzentrum entwickelt, mit zahlreichen Unterkünften in allen Preisklassen. Der See eignet sich hervorragend zum Schwimmen, und viele Gästehäuser verleihen Kajaks oder Motorboote für Ausflüge.
Die umliegenden Berge bieten ausgezeichnete Wandermöglichkeiten, etwa zum Sipiso-piso-Wasserfall an der Nordseite des Sees, der 120 Meter in die Tiefe stürzt. In Parapat und anderen Orten am Seeufer findest du heiße Quellen zum Entspannen nach einem Tag voller Aktivitäten.
Praktische Informationen
Die beste Reisezeit für Sumatra liegt zwischen Mai und September, wenn das Wetter relativ trocken ist. Allerdings musst du auch in dieser Zeit mit kurzen, heftigen Regenfällen rechnen – immerhin befindest du dich im Regenwald. Die Temperaturen schwanken ganzjährig zwischen 22°C und 33°C, wobei es in den Bergregionen deutlich kühler sein kann.
Die Anreise erfolgt meist über den internationalen Flughafen Kualanamu bei Medan, der Verbindungen nach Kuala Lumpur, Singapur und Jakarta bietet. Innerhalb Sumatras kannst du mit Bussen, Minivans (sogenannten Angkots) oder Mietwagen reisen. Für längere Strecken gibt es auch Inlandsflüge zwischen den größeren Städten.
Die Unterkunftsoptionen reichen von einfachen Homestays ab 10 Euro pro Nacht bis zu luxuriösen Resorts für 100 Euro und mehr. In abgelegenen Gebieten, besonders in Nationalparks, ist das Angebot begrenzt – eine rechtzeitige Buchung ist empfehlenswert.
Sumatra ist überwiegend muslimisch, mit Ausnahme einiger christlicher Batak-Regionen und hinduistischer Enklaven. Respektiere lokale Sitten, insbesondere in ländlichen Gebieten. Das bedeutet angemessene Kleidung (Schultern und Knie bedeckt) und Zurückhaltung bei öffentlichen Zuneigungsbekundungen.
Nachhaltiges Reisen auf Sumatra
Sumatras empfindliche Ökosysteme stehen unter erheblichem Druck durch Abholzung, Palmölplantagen, Bergbau und Wilderei. Als verantwortungsbewusster Reisender kannst du dazu beitragen, den negativen Einfluss zu minimieren:
- Wähle Öko-Lodges und lokale Unterkünfte, die nachhaltige Praktiken anwenden
- Buche Touren bei Anbietern, die lokale Führer beschäftigen und einen Teil ihres Gewinns in Naturschutzprojekte investieren
- Vermeide Produkte aus bedrohten Tier- und Pflanzenarten
- Respektiere die Wildtiere und halte immer einen angemessenen Abstand
- Reduziere deinen Plastikverbrauch, indem du eine wiederverwendbare Wasserflasche mitbringst und Wasserfilter oder -tabletten verwendest
Mehrere Organisationen auf Sumatra widmen sich dem Schutz der Regenwälder und ihrer Bewohner. Der Besuch von Projekten wie der Orang-Utan-Station in Bukit Lawang oder der Elefanten-Schutzstation Way Kambas in Süd-Sumatra bietet Einblicke in die Naturschutzarbeit und unterstützt diese finanziell.
Die unentdeckte Westküste
Während die Ostküste Sumatras stark industrialisiert ist, bleibt die Westküste mit ihren abgelegenen Stränden, Surfspots und Inselparadiesen vergleichsweise unberührt. Die Mentawai-Inseln vor der Küste West-Sumatras gehören zu den weltbesten Surfrevieren, mit perfekten Wellen von April bis Oktober.
Die Stadt Padang ist das Tor zu den Mentawais und bietet mit ihrer Küche einen kulinarischen Höhepunkt. Von hier aus kannst du auch die kleinen Inseln Cubadak und Pagang mit ihren unberührten Stränden besuchen.
Weiter nördlich liegen die Banyak-Inseln, ein noch weitgehend unentdecktes Archipel mit hervorragenden Tauch- und Schnorchelmöglichkeiten. Die Hauptinsel Pulau Tuangku verfügt über einfache Unterkünfte, während die umliegenden Korallenriffe eine erstaunliche Artenvielfalt bieten.
Ganz im Westen Sumatras findest du die abgelegene Inselkette Simeulue und Nias. Letztere ist bekannt für ihre traditionelle Megalithkultur, spektakuläre Steintänze und – für Erfahrene – einige der höchsten Surfwellen Indonesiens.