Mit über acht Millionen Einwohnern ist sie die sechstgrößte Stadt des Landes und ein faszinierendes urbanes Zentrum, in dem Tradition und Moderne aufeinandertreffen. Früher als Madras bekannt, erhielt die Stadt 1996 ihren heutigen Namen, der auf das Dorf Chennaipattinam zurückgeht.
Chennai verbindet tamilische Kultur, koloniale Geschichte und modernen Großstadtflair. Als eines der wichtigsten Wirtschafts- und Bildungszentren Indiens ist die Stadt bekannt für ihre Automobilindustrie, IT-Dienstleistungen und Filmproduktion („Kollywood"). Trotz der rasanten Entwicklung bewahrt Chennai seinen authentischen Charakter mit traditionellen Tempeln, historischen Gebäuden und einer lebendigen Kunstszene.
Das Klima ist tropisch-heiß, mit Temperaturen, die häufig über 30°C liegen. Die beste Reisezeit ist zwischen November und Februar, wenn es etwas kühler und weniger feucht ist. Von Oktober bis Dezember kann es durch den Nordostmonsun zu starken Regenfällen kommen.
Geschichte im Stadtbild
Die Geschichte Chennais reicht weit zurück, doch der prägende Wendepunkt kam 1639, als britische Händler der East India Company vom lokalen Herrscher die Erlaubnis erhielten, an der Küste eine Handelsniederlassung zu errichten. Das Fort St. George, der Ursprung des kolonialen Madras, steht noch heute und beherbergt das Fort Museum mit einer beeindruckenden Sammlung kolonialer Artefakte.
In der Umgebung des Forts erstreckt sich George Town, das historische Handelszentrum mit engen Gassen und traditionellen Basaren. Hier findest du das High Court-Gebäude, ein beeindruckendes Beispiel indo-sarazenischer Architektur mit seinen charakteristischen roten Kuppeln. Unweit davon führt die Strandpromenade Marina Beach entlang – mit über 13 Kilometern einer der längsten Stadtstrände der Welt.
Kulturelles Erbe erleben
Chennai gilt als Hüter der klassischen südindischen Kultur. Der Dezember ist hier besonders interessant, wenn das Margazhi Festival stattfindet – ein Monat voller Musik- und Tanzveranstaltungen. Die traditionellen Bharatanatyam-Tanzdarbietungen und Carnatic-Musikkonzerte finden in zahlreichen Veranstaltungsorten der Stadt statt, darunter die Music Academy und das Kalakshetra, eine renommierte Kunstakademie.
Der Kapaleeshwarar-Tempel in Mylapore ist ein herausragendes Beispiel dravidischer Architektur und dem Gott Shiva gewidmet. Seine 40 Meter hohe, mit bunten Figurenskulpturen verzierte Eingangspyramide (Gopuram) ist ein beeindruckendes Fotomotiv. Frühmorgens kannst du hier Gläubige beobachten, die ihre Rituale vollziehen.
Weitere bedeutende religiöse Stätten sind:
- San Thome Basilica – eine neogotische Kathedrale, erbaut über dem Grab des Apostels Thomas
- Parthasarathy-Tempel – einer der ältesten Tempel der Stadt, dem Gott Vishnu gewidmet
- Wallajah-Moschee (Big Mosque) – mit ihrer beeindruckenden Architektur aus grauem Granit
Kulinarische Entdeckungen
Die Küche Chennais ist ein Fest für die Sinne. Das traditionelle südindische Frühstück besteht aus Idli (gedämpfte Reiskuchen), Dosa (knusprige Reispfannkuchen) und Vada (würzige Linsendonuts), serviert mit Sambar (Linsensuppe) und verschiedenen Chutneys. Ein Muss ist das "Tiffin" im legendären Café Madras oder bei Saravana Bhavan.
Zum Mittagessen wird oft ein "Thali" serviert – eine Auswahl verschiedener Gerichte auf einem Bananenblatt oder Metalltellerchen. Probiere unbedingt Chettinad-Spezialitäten, bekannt für ihre komplexen Gewürzmischungen, oder frische Meeresfrüchte in Restaurants entlang der East Coast Road.
In den Straßen von T. Nagar und Pondy Bazaar findest du Straßenhändler, die Spezialitäten wie Bhel Puri (würziger Snack) oder süßen Filter-Kaffee anbieten – ein lokales Ritual, das du nicht verpassen solltest.
Modernes Chennai
Im Kontrast zum historischen Stadtkern stehen die modernen Viertel wie Adyar und Besant Nagar mit ihren Einkaufszentren, Cafés und Restaurants. Der IT-Korridor entlang der Old Mahabalipuram Road (OMR) beherbergt Technologieparks und internationale Unternehmen.
Für Einkaufsbegeisterte bietet T. Nagar mit seinen Textil- und Schmuckgeschäften ein Paradies. Hier findest du traditionelle Seidensaris, Baumwollkleidung und handgefertigten Schmuck. Im Stadtteil Royapettah gibt es Geschäfte für Musikinstrumente, während George Town für Großhandelspreise bekannt ist.
Das moderne Chennai zeigt sich auch in seinen Museen und Galerien:
- Das Government Museum – eines der ältesten Museen Indiens mit archäologischen und anthropologischen Sammlungen
- DakshinaChitra – ein lebendiges Museum für südindische Kunst, Architektur und Lebensweise
- Cholamandal Artists' Village – eine Künstlerkolonie mit Ausstellungen zeitgenössischer Kunst
Ausflüge ins Umland
Nur 58 km südlich von Chennai lockt Mahabalipuram (auch Mamallapuram genannt) mit UNESCO-Welterbestätten aus dem 7. Jahrhundert. Die Felsrelief-Skulptur "Herabkunft des Ganges" und die Fünf Rathas, aus einem einzigen Felsbrocken gehauene Tempelwagen, sind beeindruckende Zeugnisse der Pallava-Dynastie.
Etwa 70 km westlich liegt Kanchipuram, eine der sieben heiligen Städte des Hinduismus. Bekannt für seine kunstvollen Seidenwebereien und über 100 Tempel ist die Stadt ein beliebtes Pilgerziel. Der Kailasanatha-Tempel und der Ekambareshwara-Tempel zählen zu den architektonischen Höhepunkten.
Für Naturfreunde bietet sich ein Ausflug zum Vogelschutzgebiet Vedanthangal etwa 75 km südwestlich von Chennai an. Zwischen November und März ist die beste Zeit, um Tausende von Zugvögeln zu beobachten.
Praktische Reisetipps
Die Fortbewegung in Chennai erfolgt am besten mit Auto-Rikschas, Taxis oder dem öffentlichen Nahverkehr. Für Rikschas solltest du vorher den Preis aushandeln oder auf das Taxameter bestehen. Die Metro und Vorortzüge sind günstige und effiziente Alternativen, um dem dichten Verkehr zu entgehen.
Unterkunftsmöglichkeiten gibt es in allen Preisklassen – von günstigen Gästehäusern in Triplicane bis zu Luxushotels an der East Coast Road. Für Backpacker und Budgetreisende bieten die Gegenden um Egmore und T. Nagar gute Optionen.
Achte auf folgende Aspekte während deines Aufenthalts:
- Trage leichte, luftige Kleidung und bedecke in Tempeln Schultern und Knie
- Trinkwasser nur aus versiegelten Flaschen konsumieren
- Sonnenschutz und Kopfbedeckung sind essentiell
- Respektiere lokale Sitten – beispielsweise Schuhe vor Tempeln ausziehen
- Mit einem einfachen "Vanakkam" (Hallo/Namaste) öffnest du viele Türen
Chennai im Wandel der Jahreszeiten
Jede Jahreszeit verleiht Chennai einen besonderen Charakter. Von Januar bis März herrscht angenehmes Wetter mit kulturellen Veranstaltungen wie dem Pongal-Fest (Mitte Januar), das die Erntezeit feiert. Von April bis Juni steigen die Temperaturen drastisch an – diese Zeit eignet sich am besten für Indoor-Aktivitäten wie Museumsbesuche.
Die Monsunzeit zwischen Oktober und Dezember bringt heftige Regenfälle, aber auch üppiges Grün und weniger Touristenandrang. Das Margazhi-Musik- und Tanzfestival im Dezember verwandelt die Stadt in ein kulturelles Epizentrum Südindiens.