Zwischen Hochhäusern und Elektronik-Märkten finden sich versteckte Tempel, ursprüngliche Dorfkerne und grüne Oasen. Mit 12 Millionen Einwohnern und dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen Chinas präsentiert sich die Stadt als lebendiges Labor für Chinas rapide Modernisierung – und als faszinierendes Reiseziel abseits ausgetretener Pfade.
1980 als erste Sonderwirtschaftszone Chinas gegründet, verkörpert Shenzhen den rasanten Wandel des Landes wie keine zweite Stadt. Wo einst Reisfelder und Fischerdörfer das Bild prägten, ragen heute futuristische Wolkenkratzer in den Himmel. Die Stadt zieht junge, gut ausgebildete Chinesen aus dem ganzen Land an – das Durchschnittsalter liegt bei etwa 33 Jahren, was der Metropole eine dynamische, zukunftsorientierte Atmosphäre verleiht.
Die Bevölkerung setzt sich aus Zuwanderern aus allen Teilen Chinas zusammen. Das Kantonesische, das in der benachbarten Provinz Guangdong vorherrscht, wird hier vom Mandarin als Hauptsprache abgelöst – ein Spiegel der diversen Herkunft der Einwohner.
Beste Reisezeit
Shenzhen liegt in den Subtropen und hat entsprechend heiße, feuchte Sommer. Die beste Reisezeit ist von Oktober bis Dezember, wenn die Temperaturen angenehm bei 20-25°C liegen und die Luftfeuchtigkeit erträglich ist. Von Mai bis September können Taifune die Region heimsuchen, während die Sommermonate mit Temperaturen über 30°C und hoher Luftfeuchtigkeit für Europäer oft unangenehm sind. Die Wintermonate Januar und Februar sind mild (15-20°C), aber oft bewölkt und regnerisch.
Anreise und Fortbewegung
Der Shenzhen Bao'an International Airport wird von zahlreichen internationalen Fluggesellschaften angeflogen. Alternativ kannst du über Hongkong einreisen und die Grenze bei Lo Wu oder Futian überqueren. Beachte, dass du für beide Regionen unterschiedliche Visa benötigst.
Die Fortbewegung in der Stadt gestaltet sich dank des exzellenten öffentlichen Verkehrssystems problemlos. Das U-Bahn-Netz ist eines der modernsten und umfangreichsten der Welt, sauber, pünktlich und mit englischen Ansagen ausgestattet. Für längere Strecken eignen sich Taxis, die vergleichsweise günstig sind. Achte darauf, dass der Taxameter eingeschaltet ist.
Die Shenzhen Metro Card (Shenzhen Tong) ist für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel unerlässlich und an allen U-Bahn-Stationen erhältlich.
Technologie-Mekka
Shenzhen hat sich als "Silicon Valley Chinas" etabliert und beherbergt Technologie-Giganten wie Huawei, Tencent und DJI. Der Huaqiangbei Electronics Market im Distrikt Futian ist ein wahres Paradies für Technik-Enthusiasten – auf mehreren Etagen und in verschiedenen Gebäuden findest du hier alles von Smartphones über Drohnen bis hin zu Robotik-Komponenten und maßgeschneiderten Elektronikbauteilen.
Im krassen Gegensatz zu den traditionellen Märkten anderer chinesischer Städte präsentiert sich hier die Zukunft des Handels: QR-Code-Zahlungen, Gesichtserkennung und ständige Innovation. Ein Besuch lohnt sich selbst für jene, die nichts kaufen möchten – der Einblick in diese Welt ist faszinierend.
Grüne Lungen und Erholung
Trotz des Urbanisierungsdrucks hat Shenzhen bemerkenswert viele Grünflächen bewahrt. Der Lianhuashan Park im Zentrum der Stadt bietet nicht nur Erholung, sondern auch einen spektakulären Blick auf die Skyline. Mit 150 Hektar zählt er zu den größten innerstädtischen Parks Chinas.
Der Mangrovenwald im Futian District, direkt an der Grenze zu Hongkong, ist ein ökologisches Juwel. Als Naturschutzgebiet beherbergt er über 200 Vogelarten, darunter seltene Zugvögel, die auf ihrem Weg von Sibirien nach Australien hier Station machen. Auf Holzstegen kannst du das Feuchtgebiet erkunden und mit etwas Glück Reiher, Ibisse und sogar Flamingos beobachten.
Für Familien bietet der Fairy Lake Botanical Garden im Osten der Stadt auf 590 Hektar eine beeindruckende Sammlung tropischer und subtropischer Pflanzen. Ein besonderes Highlight ist der Bereich mit fossilen Pflanzen, darunter mehrere Exemplare des "lebenden Fossils" Ginkgo biloba.
Dapeng-Halbinsel: Shenzhens verstecktes Paradies
Nur 90 Minuten vom Stadtzentrum entfernt liegt die Dapeng-Halbinsel mit einigen der schönsten Strände Südchinas. Xichong Beach bietet kristallklares Wasser, feinen Sand und die Möglichkeit zum Surfen – ein überraschender Kontrast zur Hightech-Metropole.
Das historische Dapeng Fortress aus der Ming-Dynastie zeugt von der strategischen Bedeutung der Region und bietet einen Einblick in die Geschichte vor dem Wirtschaftsboom. Die Festung wurde zum Schutz gegen Piraten errichtet und beherbergt heute charmante Gassen, Tempel und traditionelle Architektur.
Die abgelegenen Dörfer der Halbinsel wie Dongshan und Nanao haben ihren ursprünglichen Charakter weitgehend bewahrt und bieten authentische kantonesische Küche. Besonders die Meeresfrüchte sind ein kulinarisches Highlight der Region.
Kulinarische Entdeckungen
Als Stadt der Migranten bietet Shenzhen eine kulinarische Reise durch ganz China. Im Gegensatz zu anderen chinesischen Städten, die stark von lokalen Kochtraditionen geprägt sind, findest du hier authentische Küche aus allen Provinzen:
- Sichuan-Küche mit ihren charakteristisch scharfen und numbing (麻辣, mala) Gerichten
- Nordöstliche Küche (Dongbei) mit deftigen Eintöpfen und Dumplings
- Kantonesische Küche mit ihrer Vielfalt an Dim Sum
- Uigurische Küche aus Xinjiang mit gegrilltem Lammspießen und Fladenbrot
- Yunnan-Küche mit frischen Kräutern und einzigartigen Pilzgerichten
Das Sea World Plaza im Bezirk Shekou bietet zahlreiche internationale Restaurants und Bars in einem surrealen Setting – ein ausgemustertes russisches Kreuzfahrtschiff bildet das Zentrum dieser Ausgehmeile. Hier trifft sich die internationale Community der Stadt.
Für ein authentisches Erlebnis lohnt sich ein Besuch der Dongmen Pedestrian Street mit ihren zahllosen Straßenständen und kleinen Restaurants. Probiere die lokalen Spezialitäten wie gedämpfte Reisrollen (肠粉, changfen) oder gegrillte Austern mit Knoblauch und Glasnudeln.
Kultur und Museen
Das Design Society Museum, eine Kooperation mit dem Victoria and Albert Museum London, präsentiert wechselnde Ausstellungen zu Design, Architektur und urbaner Entwicklung. Das Gebäude selbst, entworfen vom renommierten japanischen Architekten Fumihiko Maki, ist bereits ein Kunstwerk.
Das Shenzhen Museum of Contemporary Art and Planning Exhibition (MOCAPE) bietet Einblick in die rasante städtebauliche Entwicklung Shenzhens und zukunftsweisende architektonische Konzepte. Die futuristische Architektur des Gebäudes spiegelt den innovativen Geist der Stadt wider.
Im Dafen Oil Painting Village im Longgang District haben sich hunderte Künstler angesiedelt, die von klassischen Repliken bis hin zu modernen Originalen alles anbieten. Was einst als Fabrik für Reproduktionen westlicher Meisterwerke begann, hat sich zu einem lebendigen Künstlerviertel entwickelt, in dem du Malern bei der Arbeit zuschauen und einzigartige Werke erwerben kannst.
Unterkünfte
Shenzhen bietet Unterkünfte für jedes Budget. Luxuriöse Optionen konzentrieren sich auf Futian und Luohu, während preiswertere Gästehäuser in älteren Stadtteilen wie Dongmen zu finden sind.
Für Familien eignen sich die Apartment-Hotels in Shekou mit ihrer internationalen Atmosphäre besonders gut. Abenteuerlustige Reisende finden in den aufstrebenden Künstlervierteln wie OCT-LOFT interessante Boutique-Hotels.
Während der Canton Fair (April und Oktober) sind die Hotelpreise in der gesamten Region deutlich höher, eine frühzeitige Buchung ist dann ratsam.
Praktische Tipps
VPN: Der Zugang zu westlichen Websites und Apps wie Google, Facebook oder WhatsApp ist in China blockiert. Installiere vor deiner Reise eine VPN-App auf deinen Geräten.
Zahlungsmittel: Bargeld wird zunehmend selten akzeptiert. Die gängigsten Zahlungsmethoden sind WeChat Pay und Alipay. Versuche, ein chinesisches Bankkonto zu eröffnen oder internationale Kreditkarten mitzuführen. In touristischen Gebieten werden internationale Kreditkarten häufiger akzeptiert.
Sprache: Englisch ist weniger verbreitet als in Hongkong oder Shanghai. Eine Übersetzungs-App kann sehr hilfreich sein. Lerne einige grundlegende chinesische Phrasen oder speichere sie in deinem Telefon.
Sicherheit: Shenzhen gilt als eine der sichersten Großstädte Chinas. Die üblichen Vorsichtsmaßnahmen gegen Taschendiebstahl sollten ausreichen. Das größte Risiko besteht in Verkehrsunfällen – sei besonders aufmerksam beim Überqueren von Straßen.
Tagesausflüge
Hongkong liegt nur eine kurze Zugfahrt entfernt und bietet einen faszinierenden Kontrast zu Shenzhen. Beachte, dass du ein separates Visum für Hongkong benötigst.
Guangzhou, die historische Hauptstadt der Provinz Guangdong, ist mit dem Hochgeschwindigkeitszug in weniger als einer Stunde erreichbar. Hier erlebst du ein traditionelleres China mit kolonialer Architektur, alten Tempeln und berühmter kantonesischer Küche.
Die Küstenstadt Zhuhai, ebenfalls eine Sonderwirtschaftszone, bietet entspannte Atmosphäre, saubere Strände und eine malerische Promenade – ideal für einen ruhigeren Kontrast zum hektischen Shenzhen.