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Chongqing: Chinas größte Stadt mit Bergen, Nebel und scharfer Küche

Zwischen steilen Berghängen und den Wassern des Jangtse und Jialing erhebt sich Chongqing – eine der faszinierendsten und gleichzeitig am häufigsten übersehenen Metropolen Chinas

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Zwischenablage

Chongqing ist eine Stadt der Extreme – extrem vertikal, extrem dicht bebaut, extrem gewürzt. Doch genau diese Intensität macht sie zu einem faszinierenden Ziel abseits der üblichen Touristenpfade. Die Mischung aus urbaner Hypermoderne und traditioneller chinesischer Kultur, eingebettet in eine dramatische Flusslandschaft, bietet ein China-Erlebnis, das sich deutlich von Peking oder Shanghai unterscheidet.

Mit über 30 Millionen Einwohnern im gesamten Verwaltungsgebiet gehört Chongqing zu den größten urbanen Zentren der Welt, doch der wahre Charme dieser Stadt liegt in ihrem einzigartigen Charakter: Dramatische Topografie, dichte Wolkenkratzersilhouette, dampfende Straßenmärkte und eine Küche, die selbst hartgesottene Sichuan-Fans zum Schwitzen bringt.

Eine Stadt zwischen Himmel und Fluss

Chongqing thront auf Hügeln und Bergen am Zusammenfluss von Jangtse und Jialing. Die Altstadt erstreckt sich über eine felsige Halbinsel, die lokal als "Schildkrötenrücken" bekannt ist. Dies schafft ein einzigartiges Stadtbild: Wolkenkratzer klettern terrassenförmig die Hänge hinauf, während unzählige Treppen und Fußgängerbrücken verschiedene Ebenen verbinden. Morgens hüllt häufig dichter Nebel die Stadt ein, was ihr den Beinamen "Stadt des Nebels" eingebracht hat.

Die Topografie macht Chongqing zu einer der wenigen chinesischen Großstädte, in der Fahrräder kaum praktikabel sind. Stattdessen durchziehen Seilbahnen, Standseilbahnen und eine der neuesten Metros Chinas die Stadt. Die Metro Line 2 führt sogar mitten durch ein Wohnhaus – ein Beispiel für die pragmatischen und teils unkonventionellen Baulösungen in dieser dichtbebauten Gebirgsstadt.

Traditionelle Kultur im urbanen Dschungel

Trotz der Modernisierung bewahrt Chongqing viel von seiner ursprünglichen Kultur. In den engen Gassen von Ciqikou, einem historischen Handelsviertel, findest du traditionelle Teeläden, Handwerksbetriebe und Straßenküchen. Die Holzhäuser und Kopfsteinpflaster vermitteln einen Eindruck davon, wie Chongqing vor dem Bauboom aussah.

Der Hongya Cave Komplex ist ein weiteres Highlight: Dieses in den Berg gebaute Stiltsdorf wurde modern rekonstruiert und beherbergt heute Restaurants, Teehäuser und Souvenirshops. Besonders nachts, wenn die Lichter Hongya Cave in goldenes Licht tauchen und sich im Fluss spiegeln, bietet sich ein atemberaubendes Panorama.

Für ein Eintauchen in die lokale Kultur besuche den Chaotianmen-Hafen, wo Holzschiffe mit Waren aus dem Umland anlegen, oder das Drei-Schluchten-Museum, das die Geschichte der Region und die enormen Veränderungen durch das Staudammprojekt dokumentiert.

Kulinarische Feuerprobe

Die Küche Chongqings ist berühmt-berüchtigt für ihre Schärfe. Hier floriert eine eigenständige Variante der Sichuan-Küche, die noch intensiver und feuriger ist als ihr bekannter Nachbar. Das lokale Wahrzeichen ist der Chongqing Hotpot (huǒguō) – ein brodelnder Topf mit feuerroter Chilibrühe, in der Fleisch, Innereien, Tofu und Gemüse gegart werden.

Einige der besten Hotpot-Erlebnisse findest du in den einfachen Lokalen entlang der Tiyu Road oder im Chuqi Hotpot Town in Nanping. Für Anfänger bieten die meisten Restaurants auch geteilte Töpfe an, bei denen eine Hälfte mildere Brühe enthält.

Neben Hotpot solltest du unbedingt diese lokalen Spezialitäten probieren:

  • Xiǎomiàn – "kleine Nudeln", einfach aber intensiv gewürzt
  • Shāobǐng – flache, knusprige Brotfladen mit verschiedenen Füllungen
  • Málàtàng – pikante Suppe mit selbst gewählten Zutaten auf Spießen
  • Chongqing Würstnudeln – deftige Reisnudeln mit geräucherten Würstchen

Urbane Kontraste

Chongqing verkörpert den rasanten Wandel Chinas wie kaum eine andere Stadt. In Jiefangbei, dem zentralen Geschäftsviertel, drängen sich Luxusgeschäfte und internationale Marken zwischen Wolkenkratzern. Nur wenige Straßen weiter findest du traditionelle Nachbarschaften mit Wäscheleinen zwischen den Häusern und Senioren, die auf Plastikstühlen Mahjong spielen.

Die berühmten "8D-Wohngebäude" von Chongqing – schwindelerregende Wohntürme, die mit Brücken und Treppen verbunden sind – zeugen von den architektonischen Herausforderungen und innovativen Lösungen dieser Stadt. Besonders eindrucksvoll ist der Raffles City Komplex mit seiner 300 Meter langen horizontalen Wolkenkratzerbrücke "Crystal".

Für ein atmosphärisches Stadtpanorama fährst du mit der Seilbahn von Yuzhong nach Nan'an über den Jangtse oder besuchst den Liziba-Bahnhof, wo Züge mitten durch ein Wohnhaus fahren. Die besten Fotospots für die berühmte Skyline findest du am Gegenüber des Flusses in Nanbin Road oder auf einer der zahlreichen Flusskreuzfahrten.

Ausflüge ins Umland

Das Verwaltungsgebiet von Chongqing ist riesig und umfasst auch ländliche Regionen mit spektakulärer Natur. Der Dazu-Felskunsttempel, UNESCO-Weltkulturerbe, beherbergt über 50.000 buddhistische Steinschnitzereien aus der Tang- und Song-Dynastie. Die Anlage liegt etwa zwei Stunden von der Innenstadt entfernt.

Wulong Karst, ebenfalls UNESCO-geschützt, bietet eine dramatische Landschaft mit Steinbrücken, Höhlen und tiefen Schluchten. Die "Drei natürlichen Brücken" und der Furong-Höhle sind besonders beeindruckend und wurden in Filmen wie "Transformers: Ära des Untergangs" verewigt.

Für ein Verständnis der enormen Veränderungen durch das Drei-Schluchten-Projekt empfiehlt sich eine Bootsfahrt durch mindestens einen Abschnitt der Drei Schluchten. Die majestätischen Felsformationen sowie die sichtbaren Wasserstandsmarken an den Felswänden verdeutlichen die Dimensionen dieses kontroversen Megaprojekts.

Praktische Informationen

Die beste Reisezeit für Chongqing ist Frühling (April-Mai) und Herbst (September-Oktober). Im Sommer herrschen extreme Temperaturen bis zu 40°C bei hoher Luftfeuchtigkeit. Chongqing zählt zusammen mit Wuhan und Nanjing zu den "Drei Brennöfen" Chinas. Winter sind mild aber neblig.

Die Anreise erfolgt am bequemsten über den internationalen Flughafen Chongqing Jiangbei mit Verbindungen nach ganz Asien und einigen europäischen Städten. Hochgeschwindigkeitszüge verbinden Chongqing mit Chengdu (1,5 Stunden), Xi'an (5 Stunden) und anderen chinesischen Großstädten.

In der Stadt ist die Metro das effizienteste Verkehrsmittel. Das Netz wächst ständig und erschließt die wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Für entlegenere Ziele oder nachts nutzt du am besten Taxis, die preiswert und zahlreich sind.

Als Unterkunft bieten sich Hotels im Jiefangbei oder Nanping-Distrikt an, die zentral und gut angebunden sind. Für Budgetreisende gibt es Hostels in der Nähe des Chaotianmen-Hafens. Luxuriöse Optionen konzentrieren sich in Jiangbeizui, dem neuen Finanzzentrum.

Tipps für Reisende

  • Lerne einige grundlegende chinesische Phrasen – Englisch ist außerhalb von Luxushotels und Touristenattraktionen kaum verbreitet
  • Installiere WeChat vor deiner Reise – die App ist unverzichtbar für Kommunikation, Navigation und mobile Zahlungen
  • Sei auf intensive Hitze im Sommer vorbereitet – leichte, atmungsaktive Kleidung und ein Sonnenschirm (in China üblich) sind ratsam
  • Halte Taschentücher bereit – öffentliche Toiletten stellen selten Toilettenpapier zur Verfügung
  • Nimm dir Zeit zum Erkunden – die Topografie macht Chongqing zu einer Stadt, in der spontane Entdeckungen oft die eindrucksvollsten sind

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